19 Sep. Ich brauche dich!
Wie schwer fällt es dir, jemanden zu sagen, dass du sie/ihn brauchst? Warum bringen wir diesen Satz „ich brauche ich“ kaum über die Lippen?
Und dennoch ist es einer der heilsamsten Sätze in einer menschlichen Beziehung, wenn er aus der richtigen Einstellung kommt.
Jemand zu brauchen, ist völlig normal und in Ordnung! Wir sind soziale Wesen und können ohne Mitmenschen gar nicht existieren. Das Miteinander ist als keine „Notwendigkeit“ sondern unser tiefster Wesenskern.
Dennoch haben wir oft Angst, unsere Bedürftigkeit zu äußern. So leben wir oft „nebeneinander“ mit unseren Liebsten und verbergen unsere Bedürfnisse. Anstelle uns offen mit unseren Bedürfnissen zu zeigen, haben wir andere Methoden entwickelt, von unseren Mitmenschen etwas zu bekommen. Einige fordern etwas und sind verärgert, wenn wir das oder jenes nicht bekommen. Andere ziehen sich resigniert zurück, weil wir die Überzeugung haben, sowieso nichts zu bekommen.
Warum?
Wenn du dich mit deinen Bedürfnissen authentisch zeigst, dann wirst du ein Gefühl haben, dass du verletzbar bist. Es könnte ja jemand deine Bitte zurückweisen, ablehnen oder sonst was.
All das haben wir in unserer Kindheit auch schon erfahren. Selbst die besten Eltern konnten nicht in der Lage, alle unser Bedürfnisse als Kind zu erfüllen. Wenn ein kleines Kind diese schmerzhafte Erfahrung gemacht hast, dann entwickelt es Strategien, diesen Schmerz nicht mehr fühlen zu müssen.
Die Konsequenz ist ein Leben, bei dem Bedürfnisse hinten angestellt werden und bei dem Gefühle unterdrückt werden müssen. Wir verarmen innerlich. Soziale Distanz statt liebevolle Nähe. Dabei sind es gerade die Bedürfnisse nach Nähe, Anerkennung, Zugehörigkeit, Verständnis usw, nach denen wir uns am dringendsten sehnen.
Die aktuelle Zeit fördert leider diese Situation noch mehr. Kinder „auf Distanz“ zu halten – (distance learning) läßt sie innerlich verkümmern. Kinder dürfen brauchen. Derzeit verstärken wir aber ganz massiv diesen Schmerz nicht nur bei den Kindern sondern in der gesamten Gesellschaft.
Ich brauche dich! – ist für mich deswegen ein sehr heilsamer Satz, weil er dein Herz wieder öffnet. ER ÖFFNET DAS HERZ ZU DIR SELBST, ZU DEINER BEDÜRFTIGKEIT. Damit kommt vieles, oft unterdrücktes, ins Fließen.
Ich brauche Dich – von Herzen gesprochen – fordert nicht. Es ist vielmehr der Ausdruck einer Sehnsucht aus deinem Innersten.
Ich brauche Dich- zeugt von deiner Größe, dich mit deiner Verletzbarkeit zu zeigen.
Wir alle brauchen uns gegenseitig. Wir brauchen ein Kultur, in der wir unser Gefühle und Bedürfnisse ohne Angst äußern dürfen. Wir brauchen alle Trost und Mitgefühl und vieles mehr. Je eher wir uns das ehrlich eingestehen, umso früher werden wir die verschlossenen Tore wieder öffnen.
Ich brauche dich – ist ein solcher Türöffner ins Herz! Probier es aus!
Und ganz etwas rationelles zum Schluß?
Welche Methode glaubst du, ist erfolgreicher, deine Bedürfnisse erfüllt zu bekommen? Fordern, schmollen (und zu hoffen, dass die Anderen dein Bedürfnis erraten) oder dich mit deinen wahren inneren Gefühlen von Verletzbarkeit zu zeigen?
Alles Liebe
Wolfgang
Keine Kommentare